Annas Mama lobt ihre Tochter so oft wie möglich.

Doch seltsamerweise kann Anna sich darüber nicht freuen.

Woran liegt das bloß? Und was kann Anna dagegen tun?

 

 


Die ganze Geschichte:

Anne hat eine tolle Mama. Die lobt Anna, so oft sie nur kann. Das mag Anna gerne. Deshalb gibt sie sich viel Mühe, ihrer Mama zu gefallen. So wie heute.

Schon vor dem Frühstück malt Anna ein Bild für Mama. Das soll besonders hübsch werden. Deshalb strengt sie sich an. Anna sucht ihre Lieblingsfarben aus. Damit zeichnet sie lustige Muster. Es dauert eine ganze Weile. Dann ist es geschafft.
„Das das schönste Bild, das ich je gemalt habe!", jubelt Anna. „Da wird Mama sich freuen."
Schnell läuft Anna läuft ins Schlafzimmer. Und weckt ihre Mama.
„Sieh doch mal", ruft Anna aufgeregt. „Ich habe eine Überraschung für dich."
Mama reibt sich den Schlaf aus den Augen. Um Annas Bild ganz genau zu betrachten.
„Toll, oder?", ruft Anna mit leuchtenden Augen.
Mama nickt. „Schön, dass du so gerne malst", sagt sie. Und streicht Anna über die Wange.
Anna strahlt. Genau so hat sie sich das vorgestellt.
Aber Mama spricht weiter. „Eines Tages", sagt sie zu Anna, „wird eine richtige Malerin aus dir. Dann kannst du herrliche Bilder zeichnen".
Mama klettert aus dem Bett. Sie nimmt einen Klebestreifen. Und hängt das Bild an der Schlafzimmertür auf.
Doch seltsam. Anna kann sich darüber nicht freuen. Denn auf einmal gefällt ihr das Bild nicht mehr so gut.
„Wie kommt das bloß?", wundert sich Anna.

Mama geht in die Küche. Und macht Frühstück. Es gibt Blätterteig-Hörnchen.
Anna darf Mama beim Backen helfen. Sie breitet den Teig aus und schneidet Dreiecke zurecht. Die rollt sie zu Hörnchen zusammen. Das dauert eine ganze Weile. Weil Anna sich sehr viel Mühe gibt. Dann ist es geschafft. Mama legt die Hörnchen auf das Backblech und schiebt sie in den Ofen.
„Herrlich", jubelt Anna, „wie das duftet". Vor Freude hüpft sie von einem Bein auf das andere.
Die Küchenuhr klingelt. Jetzt sind die Hörnchen gar.
Anna pustet und beißt hinein.
Auch Mama probiert.
„Hmm", macht Anna. „Die schmecken lecker!"
Mama nickt und gibt Anna einen liebevollen Stups auf die Nase. „Eines Tages", schwärmt sie, „wird einmal eine richtige Bäckerin aus dir."
Doch Anna ist sich da nicht so sicher. Denn ganz plötzlich schmecken ihre Hörnchen nicht mehr so gut. „Wie merkwürdig", denkt Anna.

Anna möchte eine neue Frisur haben.
„Ich helfe dir", sagt Mama. Sie holt einen Kamm und lustige Haargummis. Dann macht sie Anna viele kleine Zöpfchen.
Es dauert eine ganze Weile. Und ein bisschen Ziepen tut es auch. Aber Anna hält geduldig still. Schließlich will sie hübsch aussehen. Endlich ist es geschafft.
„So, fertig!", sagt Mama und hält Anna einen Spiegel vor das Gesicht.
Anna gefällt sich sehr. „Hurra!", jubelt sie. „Das sieht toll aus!"
Mama nickt. Und streicht Anna über die Haare. „Eines Tages", verspricht sie, „wirst du eine wunderschöne Frau sein."
Da hört Anna auf zu lachen. Sie macht ein enttäuschtes Gesicht. Anna hat keine Lust eines Tages hübsch auszusehen. Sie will jetzt schön sein.

Nachmittags gehen Mama und Anna spazieren. Anna entdeckt eine Mauer. Sie klettert hinauf. Oben balanciert sie und macht einige Hüpfer.
„Das wird Mama gefallen", denkt Anna.
Und wirklich. Mama ist begeistert. Sie klatscht in die Hände. „Eines Tages", ruft sie, „wird einmal etwas ganz Besonderes aus dir. Eine richtige Seiltänzerin!"
Doch Anna ist sich da nicht so sicher. Denn auf einmal sind ihre Füße schwer wie Blei. Anna wird sogar ein bisschen schwindelig.
Annas Knie sind weich wie Watte. Anna will herunterklettern.
„Wie seltsam", denkt Anna. „Eben konnte ich noch auf der Mauer herumhüpfen. Warum geht das jetzt nicht mehr?"
Anna klettert nicht herunter. Sie bleibt oben auf der Mauer. Und setzt einen Schritt vor den anderen. Ganz langsam. Einen vor den andern. Es dauert eine ganze Weile. Dann ist es geschafft. Die Bleifüße sind weg. Genau wie der Schwindel und die Watteknie. Anna macht eine Drehung und lächelt stolz. Sie ist sogar ein bisschen größer als ihre Mama. Weil sie immer noch auf der Mauer steht. Anna blickt zu ihrer Mama herunter.
„Sieh mich an", sagt sie. „Ich bin etwas ganz Besonderes! Klettern und Tanzen kann ich auch! Jetzt schon! Nicht erst eines Tages!"