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Er muss nämlich ausgerechnet neben Uwe sitzen, dem Neuen. Der ist oberlangweilig. Weil er noch nicht einmal Fußball spielen kann.

Doch bei näherem Hinsehen macht Leon eine aufregende Entdeckung. Und plötzlich entpuppt sich die Niete als Glückstreffer.

 

 


Die ganze Geschichte:

„Alle mal herhören“, ruft Frau Müller, die Klassenlehrerin der 3a. „Wir stellen die Tische um. Zu einen großen Hufeisen. Dann losen wir eine neue Sitzordnung aus.“
„Super“, denkt Leon. „Tische verrücken, Lose ziehen,... das klingt aufregend. Jedenfalls viel spannender als Rechnen.“ Das mag Leon nämlich überhaupt nicht. Besonders Rechnen mit Längen und Gewichten findet Leon doof. „Wofür braucht man das eigentlich? Zum Fußballspielen jedenfalls nicht“, denkt Leon beim Tische verrücken.
Bald stehen alle Tische an ihren neuen Plätzen. Das Hufeisen ist fertig. Jetzt ist die Auslosung der Sitzordnung dran. Frau Müller hält ein großes Glas in die Höhe.
„Hier sind alle eure Namen drin“, sagt sie zu der 3a. „Auf zusammengefalteten Zettelchen.“ Den ersten Namen zieht Frau Müller.
„Ella“, liest sie vor. Und hält das Los in die Höhe. „Du darfst am linken Hufeisenende sitzen. Gleich neben meinem Pult.“
Jetzt darf Ella ein Los ziehen. ´Ronja` steht darauf.
Ronja zieht den Zettel von Til. Und Til.... Til zieht den von Leon.
„Das ist okay“, denkt Leon. Als er sich auf den freien Platz neben Til fallen lässt. “Neben Til sitzen ist nicht übermäßig toll. Aber okay.“ Beim Fußballspielen ist der Til nämlich ein bisschen langsam. Gibt sich aber immerhin Mühe.
Der rechte Platz neben Leon ist noch frei.
„Jetzt bist du dran mit Ziehen“, sagt Frau Müller. Und streckt Leon das Glas entgegen.  
Leon äugt hinein. Eines der Lose steht ein wenig offen. Leon entdeckt ein großes U darauf. U wie Ulli. Das ist der Kapitän der Fußballer aus der 3a.
„Au ja“, denkt Leon. „Auf meiner rechten Seite soll der Ulli sitzen. Das wird toll.“ Schnell greift er nach dem Zettel. Er faltet ihn auf und erstarrt. Das darf doch nicht wahr sein! Da steht ja gar nicht ´Ulli`. Sondern ´Uwe`.
„Verdammter Mist!“, flucht Leon. Schnell will er den Zettel zurücklegen.
Doch Frau Müller sieht Leon streng an. „Es wird nicht geschummelt“, sagt sie.
Leon ist stocksauer. Weil er den Uwe-Zettel behalten muss. Und der Uwe jetzt neben ihm sitzt. Auf seiner rechten Seite.
„Ausgerechnet ich muss den Namen von diesem Blödmann ziehen“, denkt Leon. Den Uwe kann nämlich keiner leiden. Weil er neu ist in der Klasse. Und nie was sagt. Fußball spielen kann er auch nicht.
„Mit dem Uwe ist nichts los“, denkt Leon. „Der ist eine richtige Niete. Und ich muss neben dem sitzen. Das macht kein bisschen Spaß. Sogar Rechenaufgaben mit Längen und Gewichten sind mir lieber.“ Leon wechselt kein Wort mit Uwe. Obwohl der Rest der Auslosung echt langweilig ist.
Endlich haben alle Kinder ihren neuen Platz. Es klingelt zur Pause.
Zeit zum Fußballspielen. Leon zerknüllt den blöden Uwe-Zettel und stopft ihn in seine Hosentasche.
„Heute zeigen wir es der 3b“, ruft Ulli, der Fußballkapitän.
Leons Laune bessert sich augenblicklich. „Na klar“, strahlt er. „Ich gehe ins Tor.“ Schon saust er los. In Richtung Pausenhof. Im Bällehalten ist Leon richtig gut. Ein Glück für die 3a. Anfangs hat Leon nämlich viel zu tun. Mehrmals muss er sich hinwerfen. Doch dann nicht mehr. Weil seine Mannschaft auf der anderen Seite spielt. Vor dem Tor der 3b. Leon steht eine ganze Weile frei. Und hat nichts mehr zu tun. Allmählich beginnt er zu frieren.
„Haaatschiii!“ Leon braucht ein Taschentuch. Er durchsucht seine Taschen. Doch er findet nur den zerknüllten Uwe-Zettel.
„Der ist nicht mal als Schnieftuch zu gebrauchen“, flucht Leon und kickt den Papierball in die nächste Pfütze. Der Uwe-Zettel saugt sich nach und nach voll mit dem schmutzigen Wasser.
„Ho, ho“, kichert Leon schadenfroh. Und wischt sich die Nase am Ärmel ab. „Das müsste der Langweiler sehen. Was ich mit seinem Zettel mache.“ Leon sieht sich um. Wo ist der Uwe überhaupt? Was macht der eigentlich immer in der Pause? Es dauert eine ganze Weile. Dann entdeckt Leon den Uwe. Da drüben steht er. Am Rand vom Schulhof. Ganz alleine. Er hat die Hände in den Taschen vergraben. Und starrt in die Luft. Was es da wohl zu sehen gibt? Leon sieht auch nach oben. Er legt den Kopf in den Nacken. Genau wie Uwe.Und kneift die Augen zusammen. Damit sie Sonne ihn nicht blendet.
„Das gibt es doch nicht!“, Leon pfeift anerkennend durch die Zähne. „Da fliegt eine Robin.“ Die hat Leon als Modell über seinem Bett zu hängen. Interessiert sich der Uwe etwa für Flugzeuge? Leons Herz klopft schneller. In der 3a interessiert sich nämlich niemand für Flugzeuge - bis auf Leon.
„Rums“, macht es plötzlich. Leons Schulter tut ganz gemein weh.
„Tooor“, brüllt die 3b.
Ulli, der Kapitän der 3a, hechtet hinüber zu Leon. Aber nicht um ihn zu trösten. Sondern um ihn auszuschimpfen.
„Warum stehst du da und starrst in die Luft?“ faucht er empört.
„Da.. äh.. war eine Robin“, sagt Leon und reibt sich die Schulter. „Echt schönes Flugzeug.“
Doch das beeindruckt den Fußballkapitän kein bisschen. „Flugzeug?“, schnaubt er. „Bei dir piept`s wohl! Du sollst den Ball halten. Und nicht in den Himmel glotzen. Wegen dir verlieren wir noch das Spiel!“
„Oh, tut mir leid“, sagt Leon. Aber er sieht dabei kein bisschen zerknirscht aus. Am besten, ich höre auf für heute“, beschließt er.
Das ist zu viel für Ulli. „Waaas? Aufhören? Mitten im Spiel?“, tobt er. „Kommt ja gar nicht in Frage!“
Doch Leon kümmert sich nicht darum. Er lässt  den Kapitän stehen und marschiert vom Spielfeld. In Richtung Uwe. Weil es für Leon nämlich nichts Spannenderes gibt als Flugzeuge. Und weil selbst Fußball da nicht mithalten kann. Ob der Uwe sich mit Flugzeugen auskennt? Das wäre echt toll. Jetzt steht Leon vor Uwe.
„Hallo“, sagt er. Und grinst verlegen.
Uwe wirft Leon einen erstaunten Blick zu. „Spielst du kein Fußball mehr?“
Leon schüttelt den Kopf. „Äh...das war doch eben eine Robin, oder?“, platzt er heraus.
Uwe nickt. „Na klar“, grinst er. „Das französische Sportflugzeug mit den Knickflügeln. Und zwar ein Tiefdecker.“
Leons Augen weiten sich. „Du kennst dich aber aus“, murmelt er.
Uwe zuckt mit den Achseln. Und zieht ein Kartenspiel aus der Tasche. „Steht alles hier drin“, sagt er. Und tippt auf die oberste Karte.
„Du hast ein Kartenspiel mit Sportflugzeugen?“, ruft Leon aufgeregt.
„Na klar“, sagt Uwe. „Willst du mal sehen?“
Leon nickt. Neugierig beugt er sich über die Karten. Was da alles steht. Zum Beispiel wie lang die Flugzeuge sind... und wie viel sie wiegen...Toll! Leon vergisst ganz, dass er Rechnen mit Längen und Gewichten eigentlich nicht mag.
„Wie wär´s mit einem Spiel?“, fragt er.
Uwe stahlt. „Gute Idee“, jubelt er.
Doch daraus wird nichts. Weil die Pause zu Ende ist.
„Oh nein“, seufzt Leon. „Gerade wenn es spannend wird. Aber zum Glück sitzen wir ja in der Klasse nebeneinander.“
In der nächsten Stunde tuscheln Leon und Uwe so viel miteinander, dass Frau Müller ihnen strenge Blicke zuwirft.
„Wenn das so weitergeht, muss ich Euch auseinander setzen“, schimpft sie.
Da sind Leon und Uwe ganz still. Bloß das nicht.